Die Zucht - es gehört mehr dazu
Wer sich mit dem Gedanken trägt zu züchten - und
sei es nur einmal - sollte vorher seine Beweggründe genauer unter die Lupe
nehmen:
1. Eine Hündin sollte mindestens einmal in ihrem
Leben Junge haben? 2. Ihre Hündin ist so ängstlich und soll durch die Welpen
selbstsicherer werden? 3. Ihre Hündin entspricht zwar nicht dem Standard,
aber Sie finden Sie so nett? 4. Die Kinder sollen eine Geburt miterleben
können? 5. Damit kann man nebenher ein bißchen Geld machen?
Dann sollten Sie die Finger davon lassen,
denn:
1. Der Mythos, dass Hündinnen mindestens einmal
Welpen haben sollten, ist schon lange widerlegt. 2. Eine wesensschwache
Hündin wird lediglich ihr schlechtes Wesen an ihre Nachkommen weitergeben. 3.
Der Nachwuchs kann kaum der Rasse entsprechen, wenn schon die Mutter stark davon
abweicht. 4. Eine werfende Hündin benötigt Ruhe und darf nicht durch
aufgeregte Zuschauerscharen gestört werden. 5. Die Kosten für eine
vernünftige Aufzucht heben den „Profit“ zumindest auf, vom erforderlichen
Zeitaufwand ganz zu schweigen.
Vor den Welpen kommt zuerst die
Theorie
Einem ernsthaften Züchter wird in erster Linie
daran liegen, möglichst rassetypische und gesunde Hunde zu züchten. Dazu
benötigt man nicht nur eine (im Standard, Gesundheit und Wesen) zumindest sehr
gut geeignete Hündin und einen passenden Rüden, sondern zuallererst das
theoretische Wissen.
Dazu gehören:
Kenntnisse über das Halten von Hunden, ihre
Versorgung und den rechtlichen Hintergrund Jeder Hundehalter ist
verpflichtet, seinen Hund den tierschutzrechtlichen Bedingungen entsprechend
artgerecht zu halten (Unterbringung, Fütterung, Auslauf, sozialer
Kontakt).
Sehr gute Kenntnisse des
Rassestandards Ein Standard beschreibt das Idealbild einer Rasse,
dem der Züchter so nahe wie möglich kommen sollte. Nur wer den Standard
seiner Rasse gut genug kennt, kann einen „hübschen“ Hund von einem
hervorragenden Vertreter seiner Rasse unterscheiden (äußere Erscheinung und
Gangwerk).
Kenntnisse der Rassegeschichte und Linien
(Abstammungen) Die Entstehungsgeschichte des Sheltie gibt Aufschluss
über auftretende Abweichungen vom Standard. Die verschiedenen Linien und
Familien werden vor allem in England sehr genau geführt und in der Auswahl der
Zuchtpartner berücksichtigt, um eine möglichst große Gleichmäßigkeit der
Nachkommen zu erreichen.
Grundkenntnisse der Genetik Die
Grundzüge der Vererbungslehre sind ein „Muss“ für jeden angehenden Züchter.
Zusätzlich sollte er sich über Besonderheiten der eigenen Rasse und mögliche
auftretende erbliche Krankheiten informieren.
Zumindest Grundkenntnisse der
Hundezucht Dazu gehören Kenntnisse über Zuchtrüde und Zuchthündin
und den Deckakt, den Geburtsvorgang und mögliche auftretende Komplikationen
sowie die Aufzucht von Welpen mit ihren jeweils dem Alter entsprechenden
Ansprüchen.
Der Club für Britische Hütehunde
(CfBrH), der dem Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH)
angeschlossen ist, verlangt seit 2002 entsprechend den neuen gesetzlichen
Bestimmungen von Neuzüchtern einen Sachkundenachweis bevor sie
züchten dürfen und regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen von
„Altzüchtern“.
Neben dem nötigen Wissen müssen auch
die räumlichen und zeitlichen Anforderungen für einen Wurf
erfüllt sein. Die artgerechte Aufzucht von jungen Hunden erfordert den direkten
Kontakt zum Züchter und die Möglichkeit, die Umwelt kennenzulernen.
Welpenaufzucht ist ein „Full Time Job“!
Um im VDH züchten zu können, muss ausserdem zuerst
ein Zwingerschutz (der Eintrag des Namens für die Zucht im
VDH/FCI) und die Abnahme der Zuchtstätte beantragt werden. Das
sowie die notwendige Zuchtempfehlung bzw -zulassung für die Hündin (mit
Augen-/HD-Untersuchung, Ausstellungen) und die Deckgebühr für den Rüdenbesitzer
wird nicht ganz billig. Die anfallenden Kosten für die Aufzucht
der Welpen (Futter, Tierarzt, Papiere) sind ebenfalls erheblich.
Wollen Sie es wirklich
riskieren?
Sind die theoretischen Voraussetzungen geschaffen,
die Hündin zur Zucht geeignet und ein passender Deckrüde gefunden, sind wir noch
lange nicht aus dem Schneider. Denn Hunde sind Lebewesen und nicht
programmierbar, der Zufall hat ebenfalls seine Hand im Spiel, so dass es zu
unvorhergesehenen Problemen kommen kann.
Der Sheltie gehört zu den am schwersten
zu züchtenden Rassen Rassetypische Shelties zu züchten ist nicht
ganz einfach, denn erhebliche Größenschwankungen vom „Mini“- bis zum
„Riesen“-Sheltie, Hoden- und Zahnfehler, unerwünschte Stehohren und andere
Abweichungen vom Standard kommen auch bei „perfekten“ Eltern immer wieder
vor.
Der Genotyp der Zuchthunde muss nicht dem
Phaenotyp entsprechen, das bedeutet, dass „schöne gesunde Eltern“
nicht automatisch „schöne gesunde Kinder“ bekommen müssen Auch wenn Rüde und
Hündin beide selbst standardgerecht und gesund sind, können sie rezessiv
(verdeckt) die Erbanlagen für unerwünschte Eigenschaften oder Krankheiten in
sich tragen und weitergeben, die dann bei den Nachkommen zum Vorschein
kommen. Darum ist es wichtig, so viel wie möglich über die direkten Vorfahren
und Verwandte der Zuchttiere zu erfahren und auch dann gibt es keine
Garantie.
Die Hündin nimmt nach dem Deckakt nicht
auf. Den richtigen Zeitpunkt zum Decken zu treffen ist nicht einfach
und wenn die meist recht weite Fahrt zum Deckrüden zu früh oder zu spät
angetreten wird, ist alle „Liebesmüh“ umsonst. Es kommt auch vor, dass
Hündinnen, die normal aufgenommen haben, die Welpen wieder
resorbieren.
Komplikationen bei der
Geburt (Wehenschwäche, Steisslage, übergroße Welpen, Totgeburten,
notwendiger Kaiserschnitt) können auftreten und im schlimmsten Fall zum Tod der
Welpen und/oder der Mutterhündin führen.
Die Mutterhündin stirbt oder weigert sich,
ihre Welpen zu versorgen. Dann muss der Züchter die Aufzucht
übernehmen, und das bedeutet in den ersten Wochen eine sehr anstrengende
Rund-um-die-Uhr-Betreuung im Zwei-Stunden-Takt.
Die Welpen werden krank (Fading
Puppy Syndrome) und sterben trotz intensiver Betreuung in kurzem Abstand einer
nach dem anderen
Der „gute Platz“ für einen Welpen erweist
sich im nachhinein als schlechte Wahl, der Welpe oder schon ältere
Hund wird ohne unser Wissen abgeschoben oder kommt total verstört zu uns
zurück.
Diese unvollständige Liste macht deutlich, dass
die Zucht nicht immer „Eitel Sonnenschein“ sein muss und es eine gründliche
Überlegung wert ist, ob man wirklich züchten will.
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